Kopfdeformationen bei Babys.
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Die Indikation

Für jede Behandlung ist eine exakte Diagnose unabdingbar. Unterschieden wird vorrangig zwischen angeborenen oder lagebedingten Kopfdeformitäten, hinzukommen mögliche Kombinationen aus beidem und vor allem auch unfallbedingte Behandlungsnotwendigkeiten. Bei einem frühzeitigen Verschluss der Schädelnähte (Synostose) ist evtl. auch eine Operation erforderlich, da ein weiteres Wachstum an den betroffenen Stellen sonst nicht möglich wäre.

Ursachen kindlicher Schädeldeformitäten

Selten sind sie durch prämature Nahtsynostosen entstanden, benötigen dann aber meistens eine operative Korrektur. Solche Deformitäten sind schon von Geburt an vorhanden und prägen sich danach immer mehr aus. Lagebedingte Deformitäten entstehen meistens nachgeburtlich, die Schädelnähte sind offen, das Gehirn hat keinen Platzmangel. Es kann aber zu ausgeprägten Deformitäten führen, die sich im Gegensatz zu den geburtstraumatisch bedingten Deformitäten meistens nicht vollständig verwachsen.

Die Differentialdiagnose ist in den meisten Fällen klinisch zu stellen.

So erkennt man eine Synostose der Coronar- bzw. Lambdanähte an einer trapezförmigen Kopfform, die lagebedingten Kopfdeformitäten an einer parallelogrammförmigen Verschiebung mit occipitaler Abflachung und kontralateraler frontaler Beteiligung. Ebenfalls erkennt man eine Verschiebung der Ohren, was eine Asymmetrie der Schädelbasis bedeutet. 

Solche durch die Lagerung entstandenen Deformitäten sind viel häufiger als die synostotisch bedingten und entstehen vermehrt durch die zur Vermeidung des plötzlichen Kindstods favorisierte Rückenlagerung. Eine nachgeburtlich entstandene Kopfdeformität wird in der sechsten bis achten Lebenswoche auffällig. Eingeleitete Umlagerungsmaßnahmen führen aufgrund der einseitigen Bevorzugung nur selten zum Erfolg. Unterstützende Physiotherapie evtl. auch Osteopathie, um die Asymmetrie zu verbessern, führen regelmäßig zu einer Verbesserung der Beweglichkeit, die sich jedoch nur noch eingeschränkt positiv auf die Kopfform auswirkt (hilft nur bis zum 4./5. Lebensmonat).

Geburtstraumatisch bedingte Deformitäten unterliegen einer Selbstkorrektur durch den intrakraniellen Druck und das wachsende Gehirn, welches den noch weichen Schädelknochen in eine ideale runde Form drücken möchte. Das ist bei nachgeburtlichen, durch die Lagerung entstandenen Deformitäten nicht so. Mit zunehmendem Alter mineralisiert der Schädelknochen und wird entsprechend härter, sodass ab dem vierten bis fünften Lebensmonat keine Veränderung der Schädelform mehr zu beobachten ist. Es erfolgt nur noch eine Größenzunahme entlang des percentilen Wachstums. Dadurch ist eine relative Besserung des Gesamteindrucks zu erwarten und nicht zuletzt das Haarwachstum führt zu einer weiteren Kaschierung der Deformität. Aus diesem Grund bedürfen geringe Asymmetrien und Deformitäten keiner weiteren Beachtung und Therapie.

Asymmetrien von weniger als einem Zentimeter (Messung der Diagonalen) sind ästhetisch einzustufen und im Erwachsenenalter meistens kaum sichtbar und deshalb im Säuglingsalter nicht behandlungsnotwendig. 

Ab zwei Zentimetern Asymmetrie gehen wir aufgrund der Sichtbarkeit im Erwachsenenalter von einer absoluten Indikation zur Behandlung der Deformität aus. Wegen der Zusammenhänge von Alter, Selbstkorrektur und Grad der Ausprägung kann man beim Säugling die Entwicklung der Kopfform abschätzen und erhält dadurch wichtige Entscheidungshilfen in Bezug auf das weitere Vorgehen und einer evtl. Behandlungsnotwendigkeit der Kopfdeformität.

lagebedingter Plagiocephalus
analoge Messung der Diagonalen

Lagebedingte Kopfdeformitäten nach Blecher

Plagiocephalus (schiefer Kopf): asymmetrische Kopfform mit Schädelbasisbeteiligung
Brachycephalus (kurzer Kopf oder "Plattkopf"): ein breiter, nach oben gezogener kurzer Kopf mit abgeflachtem Hinterhaupt
"windschiefer Kopf" nach Blecher: deutliche Verschiebung der Schädelbasis
(spezielle Form einer Plagiocephalie)